„HUMMELHOF“ – Inhalt und Leseprobe

 

 

 

 

ISBN 978-3-902952-85-1
Taschenbuch
420 Seiten, 19,50 €
Bayer-Verlag

Dunkelheit. Noch immer. Er kann sich nicht bewegen. Nichts fühlen. Nicht sprechen. Aber er kann hören. Es spricht jemand. Wer ist das? Zu wem spricht er? Zu ihm? Oder zu jemand anderen?

Als er aufwacht, sitzt eine fremde Frau an seinem Bett. Und eine Zehnjährige. Hat die gerade Papa zu ihm gesagt? Was wollen die von ihm?

Er ahnt noch nicht, dass das erst der Anfang aller Fragen ist. Ahnt nicht, dass bald jemand etwas von ihm fordern wird. Mit Nachdruck. Ahnt nicht, dass man ihn bedrohen und ihm nach dem Leben trachten wird.

Er ist nicht mehr sicher. Er nicht. Seine Familie nicht. Er ist auf sich allein gestellt ist. Wer sind seine Feinde? Und wer seine Freunde? Wem kann er vertrauen? Wer verfolgt und beobachtet ihn? Er kennt diese Leute nicht. Warum wurde sein Garten umgegraben? Was ist mit dieser Ansichtskarte aus Stockholm? Wer ist die junge Frau, der er im Hummelhof begegnet?

Der Roman spielt in Linz, aufstrebende Kulturstadt, lukrative Industrieregion. Der Handlungsbogen geht quer durch das Mühlviertel, reicht von Gutau bis Haslach. Zentraler Schauplatz ist jedoch der Linzer Hummelhofwald, beliebter Erholungspark, Spielplatz für Kinder und Junggebliebene, Freilauffläche für Hundeliebhaber, Refugium für Entspannungssuchende, Fitnessparcour für Jogger und Nordic-Walker. Aber auch Bühne dunkler Vorgänge. Dort scheint niemand mehr sicher…

 

LESEPROBE:

‚Pfschsss, Pfschsss, Pfschsss‘. Dieses Geräusch! Es machte ihn noch wahnsinnig. Immer das gleiche ‚Pfschsss, Pfschsss‘. Er wusste nicht, was das war. So sehr er sich auch anstrengte, er konnte das Geräusch nicht einordnen.

»Wie geht es ihm heute?«

Was war das? Da sprach jemand. Eine weibliche Stimme. Irgendwie… tief. Etwas heiser. Ja tief, etwas kratzig und heiser. Er dachte an eine Raspel, die über weiches Holz fuhr. Sprach die Raspel mit ihm? ›Hallo! Hallo, hören Sie mich? Hallo…!‹

»Ja… unverändert.«

Eine zweite Stimme. Eine andere. Aber auch eine weibliche. Heller irgendwie. Und klarer. Er musste an eine Kirsche denken. Aber die Stimme war auch… zaudernd. Zögernd.

»Ist das ein gutes Zeichen? Oder…?«

Wieder die Raspel. Welches Zeichen? ›Hallo! Hallo! Reden Sie doch mit mir!‹

»Das kann man nicht sagen.«

Wieder etwas zögerlich. Was konnte man nicht sagen?

»Was können Sie denn überhaupt sagen? Gibt es irgendein Zeichen der Besserung? Der Veränderung?«

Die Raspel klang nun etwas verärgert. Drängend. Fordernd.

»Naja… eigentlich nicht. Aber es ist auch ein gutes Zeichen, dass sich sein Zustand nicht verschlechtert hat.«

Was meinte die Kirsche? Sein Zustand nicht verschlechtert? Wessen Zustand? Über wen sprachen die beiden?

»Verschlechtern? Was soll sich denn da noch verschlechtern? Ich weiß überhaupt nicht, ob er hier überhaupt richtig ist. Vielleicht woanders…? Vielleicht könnte man ihm woanders helfen…«

Die Raspel klang nun – nicht nur etwas – sondern eindeutig verärgert. Man könnte ihm woanders helfen? Worüber sprachen die? Über wen sprachen die? Warum konnten sie denn nicht direkt mit ihm sprechen? ›Hallo! Hallo! So reden Sie doch mit mir!‹

»Hören Sie, er hat hier die beste Pflege, die man sich überhaupt vorstellen kann. Die kompetentesten Ärzte kümmern sich um ihn.«

Kompetente Ärzte? Wozu? Für welche Krankheit? Es machte ihn fast wahnsinnig, dass die Stimmen zueinander sprachen. Zueinander! Warum nicht mit ihm? Sie behandelten ihn, als wäre er gar nicht da!

»Ja, ich weiß… Es ist nur so… ich fühle mich nur so ohnmächtig. Es gibt nichts, was ich tun kann. Nichts, womit ich ihm helfen kann.«

»Nein, so ist das nicht. Sie haben stundenlang, nein tagelang, wochenlang an seinem Bett gewacht. Haben ihm die Hand gehalten. Sie haben ihm vorgelesen. Haben mit ihm gesprochen…«

Wer hat mit wem gesprochen? Wer hat wem die Hand gehalten? Wer hat wem vorgelesen? Hatte die Raspel jemandem vorgelesen? Aber wem? Über wen redeten die?

»Aber… aber… er reagiert ja auf gar nichts. Er gibt kein Zeichen, dass er mich hört. Kein Zeichen, dass er mich spürt.«

›Hallo! Hallo! Bitte! Bitte! So hören Sie mich doch! Bittebittebitte!‹

»Das können wir nicht wissen. Wir wissen nicht viel, was in einem Komapatienten vor sich geht. Also… Eigentlich gar nichts. Vielleicht hört er Sie. Vielleicht spürt er Sie. Sie dürfen nicht verzweifeln. Sie – wir alle – müssen durchhalten.«

»Aber drei Monate! Drei Monate! Und keine Besserung.«

Er wusste nicht, wovon sie sprachen! Die Stimmen waren jetzt irgendwie… irgendwie weiter weg. Leiser. Sie wurden ja immer leiser…

‚Pfschsss, Pfschsss, Pfschsss…‘

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