Ein Glas, ein Glas…

2012, Buenos Aires. Wir unterbrechen die Stadtrundfahrt.Weil’s eh hopp-on, hopp-off ist.

Wir haben in einem Schanigarten Platz genommen. Es gibt nur Vierer-Tische. An einem sitzen Kneifls, am anderen Habermanns und Tichlers. Pepi bestellt 4 kleine Biere. Die Kellnerin scheint das zu verstehen. Ist ja auch nicht schwer.

Kurz darauf kommt die Kellnerin zurück und bedeutet uns, dass sie keine 4 kleinen Biere hätte. Aha, da kommt sie erst jetzt drauf? Musste sie erst nachschaun? Ob wir denn ein großes wollten, meint sie. Na eh klar, dann eben ein 1-Liter-Bier mit vier Gläsern. Die Kellnerin versteht, denn das hatte sie erwartet. Im gleichen Moment kommt aber Joschi drauf, dass er auch einen Schluck mittrinken will. Also bestellen wir zum 1-Liter-Bier noch ein fünftes Glas. Alls gut, denn die Kellnerin bedeutete uns »Jaja, kein Problem«.

Wenig später erscheint sie mit dem Bier und vier Gläsern. Gentleman-Pepi tritt sein Glas natürlich an Joschi ab und sagt der Kellnerin nochmals, dass wir noch ein Glas brauchen – »un copa«, »un taza«, na ein Glas eben. Die Kellnerin scheint unbeeindruckt. Nicht verständnislos. Nicht ratlos. Mit einem trockenen »si si« entschwindet sie – und kehrt nicht wieder.

Pepi hat aber auch Durst. Daher geht er ins Lokal hinein, um ein Bierglas zu holen.

»Un copa, un taza, a glas« sagt er zur Kellnerin, die nun einen etwas verwirrten Eindruck macht.

»Un mais?« (noch eins?) fragt sie-

Pepi antwortet »nein, bitte, bitte a glas, only a glas«.

Die Kellnerin ist noch mehr verwirrt. Auf dem Tresen stehen frische Biergläser. Pepi klopft mit dem Fingernagel gegen eines davon.

»A glas, please, a glas, only a glas«.

Spricht aus den Augen der Kellnerin nun Verwirrung oder Entsetzen? Pepi verliert die Geduld, er packt das Glas und will es mit nach draußen nehmen.

Die Kellnerin ruft »no no no no no!« und entwindet ihm das Glas, bedeutet ihm, wieder hauszugehen.

 

Kaum ist Pepi draußen und sitzt wieder artig auf seinem Platz, kommt sie und bringt freudestrahlend – eine neue Flasche Bier.

Tja, jetzt ist der Zeitpunkt, wo Pepi ernsthaft über »Verstehen Sie Spaß« nachzudenken beginnt. Wer spielt ihm diesen Scherz? Misstrauisch blickt er in die Gesichter von Traudi, Gerda, Dieter, Amina, Joschi. Aber ihren Mienen ist nichts zu entnehmen.

Eigentlich wollen wir eh noch ein Bier, aber aus eher grundsätzlichen Überlegungen, ist diese eben gebrachte 1-Liter-Bierflasche nicht zu akzeptieren. Daher schickt Pepi das Bier zurück und bestellt stattdessen zum wiederholten Mal »A glass, please a glass« fleht Pepi – jetzt ist er wirklich entnervt.

Die Kellnerin blickt weiter verständnislos.

Pepi packt das schon fast leere 1-Liter-Bierflaschl und trinkt daraus, um ihr so zu zeigen, dass er ja kein Glas hat. »Un copo, un taza«, ruft er verzweifelt.

Jetzt scheint auch die Kellnerin entnervt. Und Verzweifelt. Aber warum? Sie braucht doch nur… Die Kellnerin zieht die Stirne kraus und zieht nachdenklich von dannen. Und erscheint wenig später mit einem Wasserglas, statt einem Bierglas. Na, auch wurscht, Glas ist Glas. Wir bestellen noch ein Bier. Die Kellnerin schaut jetzt nicht nur verwirrt, sondern auch etwas wütend…

 

Anmerkung:

das Bierglas heißt »vaso«, also »un vaso de cerveza«.

El vaso: Gefäß, Glas, Trinkglas, Becher, Trinkbecher.

La copa: Glas, Kelchglas, Kelch, Becher, Schale, Pokal.

La taza: Tasse, Schale, Becken, Spülbecken, Klosettbecken.

Das ist aber keine Entschuldigung für die Kellnerin!

 

Da fällt mir ein: Schauplatzwechsel

  1. Hofers und Tichlers sind in den USA mit Motorhomes unterwegs. In Colorado. Im Gunnison County. Das erreicht man nur über mehrere Pässe. Kommt vorbei an riesigen Stauseen. Nur, dass sich der geneigte Leser etwas orientieren kann: die nächstgelegenen Ortschaften heißen Gunnison, Parlin, Monarch, Bonanza… Und Sargents. In Sargents kehren wir an einer Tankstelle ein, in ein – unserer Meinung nach – typisches amerikanisches Straßenrand-Beisl. Eine altersschwache Musicbox, die Country-Songs krächzt. Ein paar erstaunt blickende Gäste. Eine freundliche Bedienung, die wir kaum verstehen, die aber uns auch kaum versteht. Wohl gemerkt, beide – wir und Bedienung – sprechen Englisch. Aber dieses Englisch der Eingeborenen hier… vielleicht ist’s mühlviertlerisch… man weiß es nicht.

Wir studieren die auf einer Tafel mit Kreide angebotenen Speisen. Thomas wählt ein Essen mit dem ungeheuer komplizierten Namen ‚Hot Dog‘.

»A Hot Dog please«, bestellt Thomas weltmännisch. Es sei angemerkt, dass er von uns sechs am besten Englisch spricht. Aber…

»What?«, ist die Antwort der Kellnerin.

»A Hot Dog please«.

»Ähhh, what?«

»One Hot Dog please«.

»Kmbrl brabbl, what?«

»A HotDog?«

»Ähhh dllrnn grumml, what?«

»A Hoooot Dog?«

»Rrznfb lldooe, what?«

»A Hot Dooooog?«

»Ähhh, what?«

Jetzt wird’s Thomas endlich zu blödl. Er springt auf. Rennt zur Tafel. Deutet Genervt auf ‚Hot Dog‘.

»Ahhhhhhh…. Hoooot Dooooog«, meint die Kellnerin. Sie scheint erleichtert.

Aber Thomas hat – so erklären wir ihm – die Englisch-Prüfung nicht bestanden.

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