Coffee-Shop

Amsterdam 2006. Den ganzen Tag sind wir schon herumgelaufen. Da kommen wir ganz plötzlich bei einem Coffee-Shop vorbei.
„Wollen wir da nicht mal reinschaun?“
„Naja…“
„Ich weiß nicht…“
„Geh‘ seid’s nicht fad…“
„Naja…“
„Kommt’s jetzt schaun wir mal rein.“
Überraschung! Keine dunkle Höhle, in der Menschen in spastischen Zuckungen den Boden säumen. Es sieht vielmehr aus, wie in einem Café mit kleineren und größeren Tischen. Einige besetzt, einige frei. Zögernd nehmen wir – weil wir ja zu siebt sind – an einem größeren Platz. Der „Kellner“ (?) erscheint mit mehreren Menu-Karten unterm Arm, begrüßt uns höflich, überreicht uns die Karten.
Die Karte ist unterteilt in „Grass“ und „Hash“. Schon dieser Unterschied ist uns mal unbekannt. Gänzlich ratlos sind wir bei „Sativa Grass“ oder „Indica Grass“. Und schon gar bei „Blue Lagoon“, „Super Silver Haze“, „White Russian“ und „Jack-Herrer“. Scheint alles was zum Rauchen zu sein. Der Preis liegt so um die 10 € – also verschmerzbar. Aber es gibt auch Keks! Super! „Nepal Cakes“, Jamaican Sweetness Cakes“ und „Space-Cakes“. Ob die wohl zu einem kleinen Espresso passen? Aber Kaffee scheint’s eh keinen zu geben. Birgit meint, dass das gar keine richtige Bäckerei sei.
Unsere Unschlüssigkeit ruft den Kellner herbei. Er erklärt uns einiges – was wir allerding nicht verstehen, aber wir nicken weise bis verständnisvoll dazu. Letztendlich entschließen sich nur Walter und ich zu einer Konsumation. Aber was sollen wir wählen? Keine Ahnung… Mit geschlossenen Augen tippen wir auf die Karte. Der Kellner gibt uns zu verstehen, dass das eine gute Wahl sei – und bringt uns wenig später zwei Joints.
Ich reklamiere nicht, dass kein Filter drauf ist. Das erste, was mir auffällt, ist, dass der Tabak unwahrscheinlich stark ist. Nur ja nicht ZU tief inhalieren! Nach den ersten Hustenanfällen wird’s besser. Aber wirklich schmecken tut der Tschick nicht. Tapfer rauchen wie unser Zigaretterl zusammen. Die Wirkung? Na, eigentlich spüre ich kaum was – vielleicht, dass mir leicht schwindlig ist.
Naja, das war’s dann wohl. Gehen wir halt wieder. Draußen auf der Straße: mal tief Luft holen. Wir laufen ein paar Gassen weiter. Hier ist’s ganz anders als im übrigen Amsterdam. Die Straßen sind merkwürdig schräg. Auch die Gehsteige. Hihihi, soooo abschüssige Gäßchen! Hahaha, hohoho, das ist aber wirklich eine Gaudi. Walter erklärt mir unter Tränen, dass er Hunger hat. Hahaha! Und dass er jetzt wirklich nicht weiß, wie er das beheben soll. Hihihi! Die Tränen rollen ihm über die Wangen. Hahaha! Er sieht so fetzig aus mit seinem schrägen Gesicht, das wohl etwas aus der Facon geraten ist. Wie’s mir denn ginge, fragt Sissi. Hahaha, hahaha, hahaha, ich krieg mich gar nicht mehr ein vor lachen. Hihihi, hihihi, was für eine Frage. Resi meint, ich solle doch nicht immer am Gehsteigrand balancieren. Hahaha, hihihi, ja wieso denn nicht? Ich muss doch – hohoho, hohoho – balancieren, sonst falle ich von dem abschüssigen Gehsteig hinunter. Kuno ermahnt mich, dass ich nicht immer so schief stehen sollte, wenn er fotografiert. Ich? Ich steh doch nicht schief! Walter setzt sich an den Straßenrand – hahaha, hihihi – den Kopf in seine Hände vergraben und weint hemmungslos. So ein Spaß! Hahaha! Hihihi! Hohoho! Ich glaub, ich bin ein wenig beschwipst.
Plötzlich sind wir vor unserem Hotel. Kuno meint, dass wir uns jetzt zum Abendessen frisch machen sollten, sonst können wir Walter gar nicht mehr beruhigen. Also gut! Aber unser Zimmer ist auch inzwischen ganz schräg geworden. Der Boden ist ja richtig abschüssig. Hahaha! Hihihi! Und Kuno steht auch ganz schräg da. Dass der nicht umfällt? Hahaha! Hihihi! Und er glaubt immer, dass ICH schief stehe! Hahaha! Hihihi! Na, so einen lustigen Nachmittag hab ich lange nicht mehr verbracht…
Klick! Das Zimmer ist ein gerades Zimmer, wie es halt auch sein soll. Der Boden ist so gerade, wie es sich gehört. Kuno steht gerade da. Und ich bin – ohne Übergang – nüchtern.

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