Ein Kleingarten – was soll das?

Das Comeback der grünen Freude.
Die Kleingarten-Idee scheint schon ein wenig ‚überwutzelt‘ – schließlich ist sie mehr als 200 Jahre alt. Und doch aktueller denn je. Denn Kleingartenanlagen geben Antworten auf hochaktuelle Fragen wie die Stadtverdichtung und den Klimawandel. Experten meinen, dass sich ohne Kleingärten das Mikroklima in Städten deutlich verschlechtern würde. Kleingartenanlagen sind ‚Großstadt-Grün-Oasen‘ und verschönern nicht nur das Stadtbild, sie helfen auch, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Auch Stadtpolitiker können sich über Kleingärten freuen, denn die Pflege und Erhaltung dieser wertvollen Grünflächen belastet die Budgets mit keinem Cent – sie erfolgt sozusagen kostenlos von Privatpersonen.

Verbindendes Grün
Kleingärten sind heute ein letzter Rückzugsort für lärmgeplagte Stadtbewohner. Sie leben in mehrstöckigen Häusern und haben keine Chance einen eigenen Garten vor der Haustür anzulegen. Kleingärten sind Natur in der Stadt, ganz in der Nähe zur Wohnung, ein wichtiger Ausgleich zum Stadtleben. Erholung, Entspannung und Ausgleich im Grünen inmitten von Häusern, Straßen und Betonwüsten. Und hier, an den Begegnungsorten verschiedener Generationen, funktioniert eine generationenübergreifende Nachbarschaftshilfe. Hier finden Oma, Opa und Enkerl Spaß und Naturnähe. Denn eines ist sicher: Garteln bringt die Menschen zusammen

Ein Ort der Wunder
Der Kleingarten ist ein Ort der Wunder, weil es dort Dinge gibt, die toller sind als iPhone, WhatsApp, Facebook und Instagram. Toller als Streaming-Dienste und Computerspiele. Hier wächst etwas wie von Zauberhand aus dem Boden heraus. Ein Wunder. Und es blüht hier ein Hortensienstrauch, den die Großmutter vor 40 Jahren gepflanzt hat. Man ist nach der Gartenarbeit nicht müde, sondern eher zufrieden – und verliert hier nicht den Blick für die kleinen Dinge des Lebens.

Die grünen Oasen werden immer begehrter.
Beim Kleingarten geht es doch um die Frage ‚Wie finde ich als Großstadtmensch einen Platz in der Natur?‘. Friedliche Ruhe mitten im Großstadttrubel? Berufstätigen wird hier eine Entspannung vom Arbeitsstress geboten. Durch gesunde Betätigung im Garten – eigentlich eine tolle Alternative zum Arbeitsalltag. Meinte man bisher, dass Kleingärten Pensionisten vorbehalten sind, so hat sich das gewaltig geändert. Die meisten Gärten, die frei werden, werden inzwischen von Familien mit Kindern übernommen. Jungfamilien werden von Kleingärten geradezu angelockt. Sie genießen die Gemeinschaft als Gegensatz zur Stadt-Anonymität. Kinder können hier gefahrlos spielen und die Natur entdecken. Und nachdem sie erfahren haben, dass Kühe nicht lila sind, lernen sie auch, dass Äpfel und Gurken nicht im Supermarkt wachsen.

Ruhe und Abgeklärtheit
Aggressionen werden in Städten gefördert. Jeder weiß, dass im Sommer, wenn das Thermometer über 30 Grad klettert, die Aggression der Autofahrer ins Unermessliche steigt. An kühlen Orten ist dies wesentlich anders. Also, wenn wir schon vom Klimawandel reden, können wir auch das ‚gesellschaftliche Klima‘ betrachten. Es ist jedenfalls im Bereich von Gärten, Kleingärten, wesentlich besser. Denn sie sind Ort des Gesprächs und der Ruhe. Und der Zusammenführung von Menschen mit gleichen Interessen. Und der kreativen und produktiven Freizeitbeschäftigung.

Der Kleingarten als Klimaretter
Die Bäume und Sträucher von Kleingärten tragen erheblich zur Verbesserung des Stadtklimas bei. Sie nehmen das von uns ausgeatmete CO2 auf und verwandeln es in Sauerstoff. Staub und andere Schadstoffe werden gebunden, ein Teil des Regenwassers zurückgehalten. Die Luftfeuchtigkeit wird erhöht. Durch die Kondensation dieses Wassers bleiben die Grünflächen im Sommer angenehm kühl. Jeder weiß, dass Grünflächen kühler sind als dicht bebaute Betonflächen. Schließlich macht man sich allerorts bereits Gedanken über die Begrünung von Wohn- und Bürohäusern. Denn Grünflächen übertragen die Kühle auf ihre Umgebung und tragen damit in besonderer Weise dazu bei, dass das Stadtklima verbessert wird. Die Intensität des Wärmeinseleffektes ist abhängig von der Baudichte und dem Grünflächenanteil. Grünflächen – und damit Kleingartenanlagen – mildern die Aufheizung und wirken damit auch dem Klimawandel entgegen. Die Kleingärten sind eine Ausgleichsfläche für die ständig zunehmende Flächenversiegelung, sie sind ‚grüne Lungen‘.

Eine letzte Bastion der Natur
Kleingärten sind wie Inseln. Inseln der Ruhe. Hier können wir uns erden und der Natur öffnen. Es sind Refugien, die den Moloch Stadt erst zu einem lebenswerten Ort machen. Und eine letzte Bastion der Natur in Städten, in denen mittlerweile jeder freie Quadratmeter verdichtet wird, denn Bauflächen sind knapp und daher teuer. Nicht einmal Parks, Friedhöfe und Wälder sind vor Baggern und Planierraupen sicher. Aber es ist noch Hoffnung, wenn Wirtschaft und Politik die Kleingärten, die letzte Bastion der Natur, erhalten wollen.

Urlaub im Garten
Trend- und Meinungsforscher sind sich einig: Im Trend liegt die „Oase daheim“. Gemeint ist damit, es sich auf dem Balkon, der Terrasse oder im Garten gemütlich zu machen. Kleingärten bieten eine Alternative zu Fernurlaub und Massentourismus.

Die Geschichte der Kleingärten (Quelle Wikipedia)

Die Anlage von Armengärten auf Initiative von wohlmeinenden Landesherren, Fabrikbesitzern, Stadtverwaltungen und Wohlfahrtsorganisationen war eine von vielen Maßnahmen, um Anfang des 19. Jahrhunderts des Armenproblems Herr zu werden. Es hatte seine Ursache im sprunghaften Anwachsen der Bevölkerung. Da das Bruttoinlandsprodukt nicht im gleichen Verhältnis stieg, wurde das Armenproblem als vordringliche Aufgabe erkannt. Als eine der ersten Armengärtenanlagen gelten die parzellierten Gärten, die auf Anregung des Landgrafen Carl von Hessen um 1797/98 im damals noch dänischen Kappeln an der Schlei angelegt wurden (sogenanante Carlsgärten). Das Hauptziel war es, dem Hunger und der Verarmung entgegenzuwirken. 1826 existierten solche Gärten bereits in 19 Städten. 1830 folgte in Kiel die „Gesellschaft freiwilliger Armenfreunde“ dem Beispiel. Auf dem „Prüner Schlag“ wurden Parzellen aus städtischem Besitz mit der bis heute gültigen Größe von 400 m² ausgewiesen und für geringe Pacht vergeben. Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden in vielen Städten Armengärten und insbesondere in Berlin die Laubenkolonien des Roten Kreuzes („Rotkreuzgärten“) und der Arbeiterbewegung („Arbeitergärten“) sowie die Gärten der Bahnlandwirtschaft („Eisenbahnergärten“).

Eine andere Entwicklungslinie lässt sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts auf den für die späteren Anlagen namensgebenden Leipziger Arzt Moritz Schreber zurückführen. Der Orthopäde Schreber war jedoch nicht der Erfinder der Schrebergartenbewegung, sondern gab mit dem Anatomen Carl Ernst Bock und dem 1847 von ihnen entwickelten diätetisch-orthopädischen Konzept lediglich den Anstoss zu zunächst der „körperlichen Ertüchtigung“ dienenden Kleingärten bzw. Gartenkolonien. Es war Schrebers Mitstreiter, der Schuldirektor Ernst Innozenz Hauschild, auf dessen Initiative der erste Schreberverein zurückgeht. Eigentlich ein Schulverein, der in Zusammenarbeit mit den Eltern seiner Schüler entstanden ist, wollte man ihn aber weder Schul- noch Erziehungsverein taufen und so benannte man ihn zu Ehren des verstorbenen Schreber. Im Jahre 1865 feierte man die Einweihung des ersten „Schreberplatzes“ am Johannapark in Leipzig, einer Spielwiese, auf der Kinder von Fabrikarbeitern unter Betreuung eines Pädagogen spielen und turnen konnten. Bis hierhin hat der Schreberplatz nichts mit Gärten zu tun.

Erst ein Lehrer namens Heinrich Karl Gesell war es, der an diesem Platz Gärten anlegte. Zunächst als weitere Beschäftigungsmöglichkeit für die Kinder gedacht, entwickelten sich die Gärten rasch zu Refugien der Eltern bzw. der ganzen Familie. Aus den „Kinderbeeten“ am Rand des Schreberplatzes wurden „Familienbeete“, die man später parzellierte und umzäunte. Ab jetzt nannte man sie „Schrebergärten“. Bald gingen diese Gärtchen in die Obhut der Eltern über und 1869, als die Initiative bereits rund 100 Parzellen umfasste, gab sie sich eine Vereinssatzung. Geräteschuppen, Lauben und Zäune wurden errichtet, und 1891 waren bereits 14 weitere Schrebervereine gegründet worden. Die historische Kleingartenanlage „Dr. Schreber“ steht heute unter Denkmalschutz und beherbergt seit 1996 das Deutsche Kleingärtnermuseum.

In den Arbeitslosenzeiten der dreißiger Jahre boten die Kleingärten vielfach echte Überlebenshilfen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dann vielerorts in Europa Kleingartengebiete ausgewiesen, um der Bevölkerung in den schwierigen Nachkriegs-Notzeiten eine bessere Ernährung zu ermöglichen. In den nachfolgenden Friedenszeiten boten die Gärten in bis in die Gegenwart Raum für eine bunte Mischung von Hobby, Erholung und Gartengestaltung. Die Verdichtung der Verbauung führte zwar in den sechziger bis achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts verschiedentlich zu flächenmäßigen Einbußen von Kleingartenanlagen, die kleingärtnerisch genutzten Flächen nahmen insgesamt dennoch weiter zu.

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